Als ich gestern Morgen aufwachte und sah, dass es draußen hell war, dachte ich: geschafft. Fünf Nächte in dieser Hütte geschlafen, deren Tür man nicht abschließen kann, deren Fenster keine Gardinen haben, deren Badezimmer sich hinter einem losen Bretterzaun unter Bäumen 50 Meter entfernt befindet.
Ich dachte: geschafft, weil es trotz aller guten Vorsätze jeden Abend gegen 21 Uhr, wenn es dunkel wurde, eine neue Herausforderung gewesen war, cool zu bleiben. Ich wusste, dass mir nichts passieren konnte, es war ein guter Ort, bewohnt von netten Menschen in Häusern gleich nebenan. Trotzdem blieb die Dunkelheit schwierig – ich hatte schon beim Buchen in Deutschland gewusst, dass es so werden würde, und ich konnte es nicht verhindern, als es soweit war.
Aber andererseits: Einen besonders großen Teil des Tages haben die Dunkelheitssorgen nicht gerade eingenommen. Die allermeiste Zeit habe ich die Hütte genossen, den großzügig bemessenen Raum, den Geruch nach unbehandeltem Holz, den Blick auf Himmel und Bäume, den Sound von Maine – Frösche, Schafe, Vögel, das Rauschen des Windes. Den vollkommenen Sternenhimmel und das magische Luft-Glitzern der Glühwürmchen. Und die Dusche unter Bäumen.
Ich bin zurück in der Zivilisation. Gardinen, Haustür, Badezimmer zwei Schritte vom Schlafzimmer entfernt. In dem hübschen Haus von Carol, einer sehr netten Gastgeberin auf Mt. Desert Island. Das Bett ist superbequem, bis in die Natur sind es fünf Minuten Fußweg. Aber ich habe schon mittendrin gesessen. Fünf Minuten erscheinen mit plötzlich viel. Und gestern Abend kein Froschkonzert zum Einschlafen. Nur absolute Stille und hin und wieder das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos. In der Dusche blies kein Wind heute Morgen. Und als ich eine Bluse aus dem Koffer nahm, die ich in Brooksville gewaschen und in der Hütte getrocknet hatte, bemerkte ich: Sie riecht nach Holz.
Ich werde mich nicht beschweren, denn auch hier ist es schön – und ich werde im Acadia National Park auf den Mount Penobscot wandern, worauf ich mich schon sehr freue. Aber vorher wollte ich mich noch ordentlich von der magischen Hütte verabschieden.
Von außen vielleicht nicht unbedingt eine architektonische Schönheit.
Aber dahinter verbirgt sich diese äußerst gemütliche Einzimmer-Wohnung.
Mit prima Schlaf-Dachboden.
Das Badezimmer. Heißes Wasser und kühler Luftzug inklusive.
Auf dem Weg zur Toilette.
Der Garten mit Blick auf das Haus der Vermieterin Lake.
Wer vorne vorbei fährt, kann das Herzstück von Hippiehausen nicht verfehlen: die Bäckerei.
Wo Tim und die anderen nicht nur Brot, sondern zweimal die Woche auch Pizza backen.
Und dann wird der Garten für ein paar Stunden zum Restaurant für Einheimische und Sommergäste. Tim sagt, im Sommer kennt er Dreiviertel der Gäste persönlich, im Winter alle. Dann sitzen sie in der Bäckerei, natürlich. Vor dem beeindruckenden Riesenofen, beschützt vor der Kälte Maines. Aber jetzt ist Sommer.
Und egal, welche Jahreszeit gerade ist – Ukulele spielen geht immer. Ich hatte eine Stunde Unterricht bei Lake, die Menschen in der ganzen Gegend davon überzeugt hat, dass die Ukulele das richtige Instrument für sie ist. Wartet ab, ich werde euch auch noch was vorspielen.
Am Ende der Stunde haben wir zusammen „Ring of Fire“ gesungen – und gespielt! Ein sehr freundliches Anfänger-Instrument. Und zur Belohnung gab es Dinner, gekocht von Eric (mit Mütze) und Cameron.
Und das alles nicht weit von Orten wie diesem.
Das war mein Abschied. Jetzt geht’s weiter. Neue Reisefreuden voraus!
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