Erinnert sich jemand an das Champions-League-Finale von 1997? Ja, ich weiß. Wen interessiert das heute. 7-1. 7-1. 7-1. Die New York Times hat dem Thema zwei volle Seiten gewidmet. Unten rechts in der Ecke steht etwas über den ungläubigen Jubel in Deutschland, ein Korrespondentenstück aus Berlin. Der weitaus größere Teil der Berichterstattung widmet sich den Folgen der historischen Niederlage für Brasilien.
Ich war froh, dort auch zu lesen, dass Joachim Löw den Brasilianern sein Mitleid ausgesprochen hat. Es hatte mir irgendwie Sorgen bereitet, dass ein falsches Wort, eine möglicherweise überhebliche Geste, den Frust in Brasilien noch verstärken könnte. Krasse Scheiße. Aber schön, das alles, insgesamt gesehen. Und I. ist jetzt offiziell Manuel-Neuer-Fan. „Oh, der ist gut“, stellte sie während unseres kleinen Private Viewings in ihrem Wohnzimmer mehrmals fest.
Ich bin seit Montagabend wieder in New York. Es ist laut wie immer und heißer als je zuvor. Aber es bleibt wunderbar.
Hier im Starbucks spielen sie gerade „Girl from Ipanema“. Zufall? Oder vielleicht ein Zeichen der Solidarität mit Brasilien? Wie sieht es heute am Strand von Ipanema aus? Bestimmt traurig. Deshalb lieber nochmal zurück zum Champions-League-Finale von 1997: Lars Ricken wird eingewechselt, läuft los und macht das dritte Tor für Borussia Dortmund gegen Juventus Turin. Ich weiß noch, wie cool dieser Ricken-Treffer war. Wie er genau im richtigen Moment kam und alle umgehauen hat. Gestern traf ich jemanden, der das Spiel auf Video hat, zu Hause im Senegal.
„Excuse me, are you German?“ fragte der Taxi-Fahrer, der uns zum Senior-Center fuhr. I. und ich hatten auf Deutsch geplappert wie immer. Ich hatte kaum „Yes“ geantwortet, da sprudelte der zuvor so stille Fahrer los: Er sei ein großer Fan des deutschen Fußballs! Oh, heute das Halbfinale, er arbeite extra die frühe Schicht, um das Spiel sehen zu können. „I’m a fan since the World Cup 1982!“, sagte er. Da war er 14.
Er wirkte ungeheuer glücklich, uns das erzählen zu können. Anfangs HSV-Fan, hat er sich bald umorientiert zur Dortmunder Borussia. Alle wichtigen Spiele hat er aufgenommen – wie das Champions-League-Finale 1997. Der Senegalese, der jetzt Amerikaner ist. Der Taxi-Fahrer in New York. Lieblingsspieler aller Zeiten: Franz Beckenbauer. Lieblingstrainer: Jürgen Klopp.
Name: Leider unbekannt. Ich habe in der Aufregung versäumt, ihn zu fragen. Ich werde ihn nie wieder sehen, aber mir gefällt die Vorstellung, wie sehr er sich gestern Abend gefreut haben muss. Er ist bestimmt völlig ausgerastet vor Freude – die Art, wie er von seiner Fußball-Leidenschaft erzählte, lässt mich das vermuten. Und ich bin mir sicher, dass er an seine beiden deutschen Passagiere gedacht, als das Wunder von Belo Horizonte seinen Lauf nahm.
PS: Morgen fliege ich zurück nach Deutschland. Was noch zu erzählen bleibt, erzähle ich von zu Hause aus. Vielen Dank für die Begleitung bis hierher! Es war mir eine Freude.
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