P’Nongh hat heute ein paar Dinge mitgebracht, die von seinem bewegten Leben zeugen. Er wollte sie mir einfach nur zeigen. Eine DVD beispielsweise: sein Debüt als Schauspieler in einem ZDF-Film von 1983. Eine klitzekleine Rolle, aber die saß. Ich hab mir den Film angesehen – „Die Beine des Elefanten“. Darin macht ein Deutscher in Thailand Urlaub, verliebt sich in eine Thai und verspricht ihr ein schönes Leben in Berlin. P’Nongh spielt den Deutschlehrer der Frau. Er war damals gerade 30 und lebte schon seit elf Jahren in der Stadt. Unter anderem als Deutschlehrer für Thais.
Seine Geschichte ist voller Wandlungen und Brüche. Heute lebt P’Nongh sieben Kilometer vor Chiang Mai in einem Dorf, zusammen mit seiner alten Mutter, um die er sich kümmert. Sie war es, die ihn einst nach Deutschland schickte, nachdem sie selbst ein Jahr dort gewesen war. Als Schneiderin hatte sie in den 60er-Jahren ein Stipendium bekommen. 1968, sie war schon wieder zu Hause, fuhr er dorthin. Da war er 16 Jahre alt.
Wenn er nicht so dringend in Ansayas Haus Wasserleitungen verlegen und ein weiteres Badezimmer einbauen müsste, hätte ich gerne ein bisschen genauer nachgefragt, wie das alles zusammenhängt mit Deutschland und der WG in Kreuzberg in den 70ern und schließlich dann mit der Rückkehr nach Thailand. Aber die Gäste buchen eifrig, also braucht Ansaya dringend mehr Zimmer, der bislang ungenutzte zweite Stock muss fertig werden. Und wenn das erledigt ist, bin ich längst weg – in wenigen Stunden holt mich ein Tuktuk ab und fährt mich zum Flughafen. Abschied von Chiang Mai, für dieses Mal.
Soviel aber weiß ich auch so: In einem Monat kommt P’Nonghs Sohn mit der neuen Freundin zu Besuch. Aus Wien. Das Programmheft zum Musical „Sister Act“ gehörte auch zu den Dingen, die P’Nongh mir heute gezeigt hat. Sein Sohn spielte darin vor zwei Jahren eine Hauptrolle. Davor war er in Berlin in „Mamma Mia“ aufgetreten. Thai spricht er nicht, sie werden sich auf Deutsch unterhalten, in der Sprache der Mutter. P’Nongh war in Deutschland verheiratet, auch eine Tochter hat er.
Und er ist Erfinder: Aus leeren Bierdosen, Schläuchen und ein paar anderen Materialien hat er einen Warmwasserbereiter entworfen. Ein Konzept für Orte, an denen Improvisation gefragt ist. Die Bauanleitung habe ich mir heute auch angesehen, allerdings ohne sie zu verstehen. Die Idee sei für eine Entwicklungshilfeorganisation entstanden, sagt P’Nongh.
Bevor er sich heute von mir verabschiedete, meinte er dann mit Blick auf den Dachgarten: Ich baue hier jetzt auch sowas. Denn er hatte Pech mit dem Boiler: Der war gebraucht gekauft und funktioniert leider nicht. Die Gäste müssen vorerst weiter kalt duschen. Aber P’Nongh wird es am Ende hinkriegen – er ist ein handwerklicher Tausendsassa. In Berlin habe er in einer kleinen Maschinenbaufirma gar an einer Bronziermaschine mitgearbeitet, erzählt er.
Noch eine DVD lag auf dem Stapel seiner Lebenszeugnisse: Ein Video von 1991. Hotel Intercontinental in Bangkok, UN Organisation für Frauen – P’Nongh auf dem Laufsteg. Eine Modenschau für traditionelle asiatische Mode. Seinen Schnurrbart trug er da ebenso wie auch schon als Lehrer in dem Film von 1983. Und wie heute.
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