Ich besichtige Waiuku

Avatar von Frl. Grankvist

Vicki nimmt mich mit nach Waiuku. Sie will eine Runde Sport treiben, und neben den für sie zuständigen Supermärkten, der Videothek, der Bibliothek und ein paar Cafés befindet sich hier auch das Fitnessstudio. Zehn Minuten Fahrt von zu Hause, ein neuseeländischer Katzensprung.

Ich bekomme eine Stunde Zeit, um den Secondhand-Laden der St.-Andrews-Gemeinde zu durchstöbern. Das hatte ich mir gewünscht, aber es dauert dann nur sieben Minuten. Nicht schlimm, so habe ich endlich Zeit für einen kleinen Stadtrundgang. Schließlich ist Waiuku stolz auf sein historisches Erbe. Bunte Flaggen an den Straßenlaternen zeugen davon.

Opportunity

WaiukuI

Düstere Wolken, das stimmt. Aber bei 25 Grad darf der Himmel gerne grau sein, finde ich. Matt sagt sowieso: You don’t like the weather? Wait five minutes. Und da hat er eigentlich recht. Außerdem geht es jetzt um Geschichte. Hinweistafeln zeigen in Waiuku die Richtung der historischen Gebäude an: hier die National Bank, dort das Haus des Schmiedes und da der General Store.

Hinweistafel

Zufällig, weil ich gerade davor stehe, beginnt mein Rundgang mit der War Memorial Hall. Hier wird der Soldaten aus dieser Gegend gedacht, die in den beiden Weltkriegen umgekommen sind: ein Kriegerdenkmal in der Stadthalle. Die Eingangstür ist nur angelehnt; drinnen sieht alles verlassen aus. Unheimlich, still und schön. Allerdings traue ich mich nicht sehr weit hinein, weil ich nicht weiß, ob das Gebäude wirklich leer ist. Und was das alles zu bedeuten hat. Ein plötzlich hinter mir auftauchender Neuseeländer, egal wie freundlich und entspannt, würde mich erschrecken. Milde gesagt.

RathausWaiuku

Gedenkhalle

Kasse

Treppenhaus

Ganz unbehelligt gelange ich wieder nach draußen und komme als nächstes an einer kleinen Kirche vorbei. Sie ist nur 33 Jahre nach der Unterzeichnung des Waitangi-Vertrages zwischen Engländern und Maori gebaut worden. Das geht schon ziemlich weit zurück in der Geschichte des heutigen Landes. Leider ist die Tür abgeschlossen, aber wie zum Trost entdecke ich neben der Kirche ein sehenswertes Bestattungsinstitut.

KircheII

KircheI

Funeral

Die nächste Sehenswürdigkeit liegt gleich gegenüber, leicht erhöht auf einem Hügel: noch eine Kirche. Im Schaukasten steht, dass die Gemeinde zu „individual worship“ einlädt – täglich zwischen neun und 15 Uhr dürfe jeder, der wolle, hereinkommen und beten. Ich will mir  das Gebäude näher ansehen, finde aber keine offene Tür. Nur einen jungen Mann, der an einer Seite Blumen gießt.

Ich frage ihn, ob er weiß, wann die Kirche geöffnet ist, und er spricht nur sehr wenig Englisch. Yes, open, sagt er, führt mich vor den Eingang und sagt: wait. Er verschwindet, dann öffnet sich die Tür von innen, da steht er wieder. Lächelt. Ich muss die Schuhe ausziehen und darf nicht fotografieren. „Outside photo ok“, sagt der Mann.

Ich betrete also barfuß die kleine Holzkirche und erkenne nichts wieder. Ein Altar ist zwar da, aber ich sehe kein Kreuz. Tücher, Kerzen, Blumen: alles sieht ungewohnt aus. Ich sehe den Mann an. Fühle mich unsicher auf vermeintlich vertrautem Gebiet. „What kind of church is this?“, frage ich. Er lächelt sehr und sagte „Japanese Church“. Japanische Kirche. Und zack, ich falle in eine Bildungslücke.

„Jesus?“ frage ich sicherheitshalber. Ja, lächelt er, aber mir bleibt einiges unklar. Ich verschiebe die Nachforschung auf später, der Mann kann schließlich kein Englisch. Ich hole dafür meine Japanischkenntnisse hervor. Sie bestehen aus einem Wort: „Arigatou“, sage ich, Danke. Dann mache ich mich auf den Weg zu meinen Schuhen. Der Mann lächelt breit und verbeugt sich. Ist er der Pastor? Eine gute Frage. Ich frage ihn aber stattdessen, ob ich ihn fotografieren darf und bekomme die Erlaubnis. Dann verlasse ich den verwirrend heiligen Ort und stehe gleich wieder auf der sehr irdischen Hauptstraße von Waiuku.

JapanischeKirche

JapanischeKircheII

WaiukuII

Bank

BankII

Und es ist noch einiges zu sehen, bevor die Stunde um ist. Als ich Vicki und Carmen schließlich im Café Karma zum Lunch treffe, denke ich dann tatsächlich, ich wäre fertig mit der Stadtbesichtigung. Gönne mir French Toast mit Bacon und Banana und fühle mich gut. Aber heute Abend habe ich mir den Wikipedia-Eintrag zu Waiuku angesehen (keine Sekunde zu früh). Und offenbar ist da noch mindestens ein Museum zu besichtigen. Beim nächsten Regentag, Ehrensache.

Bananafrenchtoast


Eine Antwort

  1. Jule

    Liebe Frau Grankvist,
    so lange hat keiner mehr ein Kommentar hinterlassen. Ich auch nicht. Obwohl ich jeden Eintrag mit Freude lese und mich sofort nachdem ich den letzten Satz gelesen habe gespannt dem nächsten entgegenfiebre. Wie lange bist du denn noch unterwegs? Und bleibst du bis zum Ende deiner Reise bei Vicky? Ich wünsche dir weiterhin eine tolle Zeit!
    Liebe Grüße

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s